Freigabe von Ausführungsplänen durch Auftraggeber stellt keine Änderungsanordnung dar, soweit der Auftragnehmer darin eine andere als die vertraglich vereinbarte Ausführung einträgt (OLG Naumburg, Urteil vom 13.10.2014 - Az. 12 U 10/14)
Freigabe von Ausführungsplänen durch Auftraggeber stellt keine Änderungsanordnung dar, soweit der Auftragnehmer darin eine andere als die vertraglich vereinbarte Ausführung einträgt (OLG Naumburg, Urteil vom 13.10.2014 - Az. 12 U 10/14)
Die beklagte Gemeinde hatte Instandsetzungsarbeiten an einer Fußgängerbrücke ausgeschrieben. Im Leistungsverzeichnis wurden unter der Pos. 2.1.50 und 2.1.60 die auszuführenden – streitgegenständlichen – Leistungen konkret beschrieben und ein für die Lösung der Bauaufgabe zu verwendendes Produkt (ein Profil) beispielhaft genannt. Den Ausschreibungsunterlagen lagen zusätzlich Pläne bei, aus denen sich ergab, dass das im Leistungsverzeichnis (LV) als Beispiel angegebene Profil ungeeignet war, da damit die zu erstellende Übergangskonstruktion an der Brücke nicht hergestellt werden konnte. Für ein Fachunternehmen war dieser Fehler der Ausschreibungsunterlagen offenkundig. Die vertragliche Leistungspflicht des Auftragnehmers (AN) umfasste auch die Ausführungsplanung und die Erstellung der Werkstattzeichnungen.
Die Klägerin gab ein Angebot unter Einschluss der im Leistungsverzeichnis zu den Positionen 2.1.50 und 2.1.60 genannten Profile ab und wurde mit der Instandhaltungsmaßnahme von der Beklagten beauftragt.
Im Zuge der Bauausführung stellte sich erwartungsgemäß heraus, dass das im LV beispielhaft und vom AN angebotene Profil ungeeignet war. Tatsächlich war für die fachgerechte Herstellung der Übergangskonstruktion eine Spezialanfertigung notwendig, was zu Mehrkosten von ca. EUR 35.000,00 führte. Die Klägerin unterbreitete der Beklagten ein entsprechendes Nachtragsangebot, welches diese ablehnte. In den vom AN gefertigten Ausführungsplänen war die zur Erfüllung der Leistungspflicht notwendige Spezialkonstruktion eingezeichnet. Diese Ausführungspläne wurden vom AG zur Ausführung freigegeben.
Die Klägerin stützt ihren Zahlungsanspruch auf § 2 Abs. 5, hilfsweise § 2 Abs. 8 VOB/B und meint, dass in der Freigabe der Ausführungspläne einerseits eine Änderungsanordnung des Auftraggebers (AG) zu sehen sei. Jedenfalls sei die geänderte Ausführung zur Herbeiführung des werkvertraglichen Erfolges erforderlich gewesen, was ein erstinstanzlich vom Gericht hinzugezogener Sachverständiger bestätigte.
Nachdem das erstinstanzliche Gericht die Beklagte zur Zahlung verurteilt hat, wies das OLG Naumburg auf die Berufung der Beklagten hin die Klage mit der folgenden Begründung ab (die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin hat der BGH zurückgewiesen).
Die Voraussetzungen für einen Mehrvergütungsanspruch nach § 2 Abs. 5 VOB/B liegen nicht vor, da es an der notwendigen Anordnung des AG fehle. Erforderlich ist hierfür eine eindeutige, die vertragliche Leistungspflicht des AN abändernde Erklärung des AG. Die Freigabe von Ausführungsplänen, die der AN im Rahmen der ihm übertragenen Leistungspflichten zu erstellen hat, stellt aber keine Anordnung des AG dar, wenn dort abweichend vom vertraglichen Bausoll eine andere als die geschuldete Ausführung eingetragen ist. Denn die Freigabeerklärung des AG beschränkt sich in ihrem Erklärungswert regelmäßig auf die technische Schlüssigkeit und verhält sich nicht zur Vertragsgerechtigtkeit der Ausführung.
Auch nach § 2 Abs. 8 VOB/B steht der Klägerin kein Mehrvergütungsanspruch zu. Auch wenn die Leistung zur Herbeiführung des werkvertraglichen Erfolges notwendig war, scheitert der Anspruch, da die Herstellung und der Einbau der Sonderkonstruktion schon vom bestehenden vertraglichen Leistungsumfang erfasst war. Gegenüber dem Vertragssoll liegt keine Mehrleistung vor. Zwar sind Fehler in den Ausschreibungsunterlagen – wie hier im Leistungsverzeichnis – nur in Ausnahmefällen vom Bieter zu erkennen, nämlich dann, wenn die Fehlerhaftigkeit offensichtlich ist. Dies war hier der Fall. Der Fehler im LV musste sich der Klägerin bereits im Vorfeld der Beauftragung aufdrängen, mit der Konsequenz, dass sie sich zur Begründung eines Mehrvergütungsanspruchs nicht auf diesen Fehler berufen kann. Da die Klägerin neben der Bauausführung auch mit der Erstellung der Ausführungs- und Werkstattplanung beauftragt war, musste sie bereits bei Kalkulation des Angebots alle Ausschreibungsunterlagen sichten und durfte nicht schlicht nach den Angaben im (fehlerhaften) Leistungsverzeichnis kalkulieren. Sie musste die zur Herbeiführung des Werkerfolges notwendigen Leistungen kalkulieren und anbieten.
Fazit: Ausschreibungsunterlagen sind sorgfältig zu prüfen und etwaige Widersprüche dem AG anzuzeigen. Andernfalls droht dem AN bei später erkannter Fehlerhaftigkeit die Gefahr, mangelfrei leisten zu müssen, ohne eine adäquate Vergütung hierfür zu erhalten.