2024_07_01 Bauvertrag: "5%"-Grenze für Vertragsstrafe AGB-rechtlich unsicher

2024_07_01 Bauvertrag: "5%"-Grenze für Vertragsstrafe AGB-rechtlich unsicher

Dies wird die Praxis und die Vertragsgestaltung für private Bauverträge erheblich beeinflussen. Der Bundesgerichtshof (Entscheidung vom 15.02.2024, VII ZR 42/22) erkannte die Klausel "Die Vertragsstrafe wird auf insgesamt 5 % der im Auftragsschreiben genannten Auftragssumme (ohne Umsatzsteuer) begrenzt." als AGB-rechtlich unwirksam.

Allgemeine Geschäftsbedingungen seien wie revisible Rechtsnormen zu behandeln und deswegen vom Bundesgerichtshof frei auszulegen. Sie seien nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei seien die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zu Grunde zu legen.

Die Auslegung des Begriffs "Auftragssumme" sei unterschiedlichen Verständnisvarianten zugänglich. Einerseits komme die nach der Abwicklung des Vertrags geschuldete Vergütung in Betracht. Andererseits aber auch derjenige Wert, der sich nach der von den Parteien vor der Ausführung des Auftrags vereinbarten Vergütung bemesse. In der streitbefangenen Klausel sei klar formuliert, dass der Wert gemeint sei, der sich nach der von den Parteien vor der Ausführung des Auftrags vereinbarten Netto-Vergütung bemesse. Nach diesem von den Autoren/Verwendern der AGB festgelegten Verständnis benachteiligt diese Klausel den Auftragnehmer unangemessen mit der Rechtsfolge, dass die Klausel aus § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam sei. Im Kern begründet der Bundesgerichtshof diese Rechtserkenntnis mit der seit über 20 Jahren bekannten Argumentation, dass der Verlust von über 5 % der Vergütungssumme regelmäßig zur Unwirtschaftlichkeit des Vertragsvollzugs für den Auftragnehmer führe. Die im Streit stehende AGB-Klausel, welche die Vertragsstrafe iHv 5 % an die Auftragssumme anknüpfe, könne bei einer späteren Absenkung der Auftragssumme -zum Beispiel durch Änderungsanordnungen des Auftraggebers- dazu führen, dass die Vertragsstrafe die seit 2003 von der obergerichtlichen Rechtsprechung in Stein gemeißelte 5 %-Grenze für Vertragsstrafenregelungen durchbreche. Aus dieser auch nur theoretisch bleibenden Möglichkeit resultiere die Unwirksamkeit der im Streit stehenden AGB-Klausel.

 
Wie ist darauf zu reagieren? Die 5 %-Grenze gilt für Vertragsstrafenregelungen auch nach dieser Entscheidung vom 15.02.2024grundsätzlich weiterhin. Empfehlenswert ist nach dieser Entscheidung vom 15.02.2024 die Anknüpfung der Vertragsstrafe an die Netto-Schlussrechnungssumme. Vorsichtige Auftraggeber werden bei längerfristigen Bauverträgen zukünftige Entwicklungen im Vertragsstrafenrecht antizipieren und die Vertragsstrafe absenken auf 4 %, noch vorsichtiger: 3 %, werktäglich verwirkt in einer Höhe von 0,1 %. Mit dieser Selbstbeschränkung dürften die Auftraggeber auch für einen längeren Zeitraum auf der sicheren Seite des Vertragsstrafenrechts und der darauf bezogenen AGB-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stehen.