Ein Sondernutzungsberechtigter, dem die Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht nach der Gemeinschaftsordnung übertragen wurde, hat auch die ihm dadurch entstehenden Kosten zu tragen (nach BGH, Urteil vom 28.10.2016 - Az. V ZR 91/16)

Ein Sondernutzungsberechtigter, dem die Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht nach der Gemeinschaftsordnung übertragen wurde, hat auch die ihm dadurch entstehenden Kosten zu tragen (nach BGH, Urteil vom 28.10.2016 - Az. V ZR 91/16)

In seinem Urteil vom 28.10.2016 äußert sich der BGH zur Zuständigkeit für Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen von Sondernutzungsflächen und den damit verbundenen Kostentragungspflichten. Die vom BGH entwickelten Grundsätze werden in der Praxis insbesondere Verwaltern bei der Auslegung von entsprechenden Regelungen in Gemeinschaftsordnungen weiterhelfen.

 

1. Hintergrund der Entscheidung war folgender Sachverhalt:

Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft in Hamburg-Blankenese. Den Wohnungseigentümern der Erdgeschosswohnungen Nr. 1 und 2 wurde laut Teilungsvertrag jeweils ein Sondernutzungsrecht an Gartenflächen einschließlich dort errichteter Terrassen zugewiesen.

In § 7 Nr. 1 des Teilungsvertrages ist geregelt, dass die Instandhaltung des Sondereigentums dem jeweiligen Sondereigentümer obliegt und für die Instandhaltung der ausschließlich seinem Sondernutzungsrecht unterliegenden Flächen, Anlagen und Einrichtungen der jeweils berechtigte Sondereigentümer zu sorgen hat. In § 8 des Teilungsvertrages heißt es ferner, dass jeder Sondereigentümer die auf sein Sondereigentum entfallenden Kosten und Lasten allein trägt und solche Kosten, die nicht einem Sondereigentum entsprechend zuzuordnen sind, von den Eigentümern entsprechend ihrer Miteigentumsanteile zu tragen sind. Eine Kostenregelung für die Instandhaltung der Sondernutzungsflächen fehlt.

In der Eigentümerversammlung vom 9. April 2015 beschlossen die Wohnungseigentümer zu TOP 5.1 mehrheitlich, dass es dem Wohnungseigentümer der Wohnung Nr. 1 gestattet ist, die auf seiner Sondernutzungsfläche vorhandene Terrasse zu vergrößern und die umliegenden Bereiche in einer bestimmten Weise gärtnerisch zu gestalten. Die Kosten der Herstellung und der künftigen Instandhaltung sollte der Wohnungseigentümer tragen.

Ferner wurde darüber hinaus zu TOP 6.1 einstimmig beschlossen, den Eigentümern der Wohnung Nr. 2 zu gestatten, auf der ihnen zugewiesenen Sondernutzungsfläche eine zusätzliche Terrasse zu errichten, wobei ihnen mit einstimmigem Beschluss zu TOP 6.2 auch gestattet wird, eine Abgrabung vor den Fenstern des in ihrem Sondereigentum stehenden Hobbyraums (Lichtschacht Kellerfenster) vorzunehmen. Auch dafür sollten die Kosten der Herstellung und künftigen Instandhaltung von den Sondereigentümern der Wohnung Nr. 2 getragen werden.

Der Kläger ging gegen die vorgenannten drei Beschlüsse vor, allerdings erst nach Ablauf der einmonatigen Anfechtungsfrist, so dass er sich nur noch auf die Nichtigkeit der Beschlüsse berufen konnte. Insofern beantragte er die Feststellung, dass die Beschlüsse nichtig seien.

Das Amtsgericht gab in erster Instanz der Klage statt. Die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil wurde in zweiter Instanz vom Landgericht zurückgewiesen und die Revision zum BGH zugelassen. Die Beklagten verfolgten in dritter Instanz mit der Revision die Abweisung der Klage weiter.

 

2. Rechtliche Bewertung des BGH

Der BGH beurteilte den Fall anders als die Instanzgerichte. Nach Auffassung des für die Entscheidung über Wohnungseigentumssachen zuständigen fünften Zivilsenats sei durch die Beschlüsse der Wohnungseigentümer keine Änderung der Sondernutzungsrechte erfolgt. Die Eigentümerversammlung habe auch über die erforderliche Beschlusskompetenz verfügt, denn Beschlüsse u.a. über die Tragung von Herstellungskosten durch den Sondernutzungsberechtigten wiederholten lediglich die in der Gemeinschaftsordnung bereits vorhandene Regelung. Zu einer Änderung bestehender gemeinschaftsrechtlicher Regelungen sei es nicht gekommen.

Zwar sei in § 7 nur die Instandhaltungspflicht geregelt, also die Zuständigkeit für erforderliche Instandsetzungsmaßnahmen, nicht aber die Pflicht zur Kostentragung. Eine solche Regelung sei nach Auffassung des BGH aber auch nicht erforderlich.

Denn wenn der Sondernutzungsberechtigte für die Instandhaltung von Sondernutzungs-bereichen in eigener Verantwortung zu sorgen habe, verstehe es sich bei objektiver Betrachtung von selbst, dass er die entsprechenden Aufträge im eigenen Namen und auf eigene Kosten zu erteilen habe, sodass der Gemeinschaft insoweit keinerlei Kosten entstünden. Bei objektiver Betrachtung liege somit auch kein Fehlen einer Kostenregelung in § 8 der Gemeinschaftsordnung vor.

Darüber hinaus habe der Sondernutzungsberechtigte auch für die Instandhaltung von später hinzukommenden Anlagen und Einrichtungen zu sorgen, also nicht nur für die Instandhaltung der zum Zeitpunkt der Begründung von Wohnungseigentum bereits vorhandenen Anlagen und Einrichtungen.

 

3. Fazit

Der BGH kommt zu dem Ergebnis, dass die Wohnungseigentümer die Beschlusskompetenz besitzen, über bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum, die ein Sondereigentümer im privaten Sonderinteresse (Individualinteresse) vornehmen möchte, abzustimmen.

Ferner folgt aus dem Urteil, dass von einem Gleichlauf von Instandhaltungszuständigkeit und Kostentragungspflicht auszugehen ist, wenn die Gemeinschaftsordnung nichts Gegenteiliges regelt.

Nimmt also ein Sondernutzungsberechtigter bauliche Änderungen an Sondernutzungsflächen oder den dortigen baulichen Anlagen und Einrichtungen vor und ist er zu deren Instandhaltung nach den Regelungen des Teilungsvertrages auch klar verpflichtet, so hat er in der Regel auch die Herstellungs- und Folgekosten dafür zu tragen.

Das Urteil bietet somit für die Praxis für eine Vielzahl von vergleichbaren Fällen, wo in der Gemeinschaftsordnung zwar Instandhaltungspflichten von Sondernutzungsberechtigen geregelt sind, Kostenregelungen aber fehlen, Auslegungshilfen, von wem die Kosten für die Instandhaltungsmaßnahmen zu tragen sind.